von Berthold Stehle
Am 1. Januar 1935 zogen wir, die Familie Friedrich Stehle ins Mesnerhaus ein. Sechs Personen, meine Eltern, Großmutter, Schwester, Bruder und ich. 1941 kam dann noch meine Schwester hinzu.
Fünf Stufen führten zur wuchtigen, handgefertigten Haustüre hinauf. Auf der linken und rechten Seite befand sich im Flur Fachwerk, der Treppenabgang zum Keller war mit Brettern eingeschalt und mit Deckleiten versehen. Bei der Holztreppe, die in das Obergeschoss führte, gab es am Handlauf Zierstäbe. Der mit 30 bis 40 cm breiten Brettern belegte Fußboden knarrte bei jedem Schritt. Im Naturkeller unter dem Flur und dem Wohnzimmer lagerte man Kartoffeln, Rüben für die Kühe, aber auch Obst, Brot und Most und all das was heute im Kühlschrank aufbewahrt wird.
Das Wohnzimmer war sehr groß. Der Fußboden bestand aus breiten Brettern. Die Holzdecke hatte sehr schöne jeweils 90 bis 100 große Kassetten, die mit verzierten Leisten eingerahmt waren. Die Zimmerwände waren holzgetäfelt, unterhalb des Herrgottswinkels stand eine Eckbank. Links neben der Stubentüre stand ein Kachelofen mit grünen Kacheln. Um den Ofen Wäschestangen. Das Zimmer für die Großmutter war von der Stube durch eine Holzwand abgetrennt.
Nach ihrem Tod zog meine Schwester in dieses Zimmer. Sie heiratete 1944 und brachte in diesem Zimmer Nachwuchs zur Welt. 1946 zog sie aus. Nun bekam mein Bruder dieses Zimmer. Er heiratete 1946 und bewohnte bis 1951 dieses Zimmer. Dann zog ich ein. Ich heiratete 1959 und wohnte noch bis 1960 im Mesnerhaus. Im Dezember 1960 gab mein Vater krankheitshalber den Mesnerdienst auf. Vater und Mutter und meine Schwester zogen bei mir und meiner Frau in der Salemerstraße 27 ein.
Im Mesnerhaus führte eine Stufe zur Küche hinunter. Anfangs befand sich dort ein offener Kamin, der die Küche arg schwärzte. Jahre später zog man einen neuen Kamin hoch. Der bisherige Backsteinboden wurde mit Platten belegt. In der Stube gab es einen neuen Kachelofen mit braunen Kacheln. Das war die einzige Baumaßnahme im Zeitraum von 25 Jahren.
Die Küche war auch gleichzeitig Bad für die gesamte Familie. Auf dem Herd und im Schiff erwärmte man das Wasser. In wärmeren Monaten befestigten wir einen Wasserschlauch an einem Baum und hatten so eine notdürftige Dusche. (Als 1952 im neu errichteten Jugendheim Duschen eingebaut wurden, konnte dort die Bevölkerung gegen ein Entgelt duschen. Das empfand man allgemein als Segen). Zwei Stufen führten zum Ausgang ins Freie zum WC. Das WC war ein aus Holz gefertigter Aufbau über der Grube. Die 40 cm große Öffnung im Holzaufbau wurde mit einem Holzdeckel abgedeckt. Nach dem Umbau des Kamins musste der im Speicher untergebrachte Räucherapparat entfernt werden. Deshalb bauten wir in Eigenregie einen 4 x 8 m großen Schuppen, etwa acht Meter vom Haus entfernt. Dort richteten wir eine neue Räucherkammer ein. Im Obergeschoss gab es einen breiten Flur mit einem Aufgang zum Speicher. Er war mit Brettern verkleidet und durch eine Tür abgeschlossen. Eine Tür führte vom Obergeschoß zum Getreidespeicher, eine andere in eine unbewohnbare kleine Rumpelkammer und schließlich eine Tür ins Freie zum „Kränzle“ mit dem Herzen in der Tür. Dort befand sich das sogenannte Plumpsklo. Im Winter war der Übergang oft zugeschneit und Licht gab es natürlich auch nicht.
Das Elternschlafzimmer lag über dem Wohnzimmer. Im Raum dahinter befand sich für alle das gemeinsame Kinderzimmer, das nur durch das Elternschlafzimmer begehbar war. Alle Zimmer hatten quietschende Bretterböden. Links des Hauseingangs befand sich der landwirtschaftlich Bereich: zuerst die Scheune mit einem breiten Tor nach hinten, wo die Kühe ins Freie gelangen konnten. Links neben der Scheune befand sich der Kuhstall, dahinter ein Schweinestall sowie der Hühnerstall: darüber die Boa (das Känzele) sowie der Heu- und Strohstock bis zum Dachfirst.
Der 6 x 6 m große, gezimmerte Holzschuppen mit Zwischendecke besteht heute leider nicht mehr. Unten war Raum für die Holzlagerung, oben für die Reisigbüschel. Gedeckt war der Schuppen mit einem Pultdach, im hinteren Teil mit einem aufgesetzten Schleppdach zur Unterbringung der landwirtschaftlichen Geräte und Wagen.
Heute nicht mehr vorhanden sind im hinteren Hausbereich das Känzele, der Schweinestall, ein öffentliches Pissoir und eine Toilette für die Kirchgänger.